Ich durfte am Samstag beim 20. Bayerischen Gästeführertag, der jedes Jahr vom Münchner Gästeführerverein ausgerichtet wird, einen Vortrag zum Thema „Bedürfnisse von Gästen“ halten. Als Untertitel wählte ich bewusst, “ Was steht im Fokus – Das Wissen, das Objekt, der Guide oder der Gast“.
In meinen Agenturen DonauGuides und austriaguide.at bekommen wir bei ca 30 % der Anfragen den Wunsch der Gäste, dass es bitte ein guter Guide sein soll und nicht zu viele Daten und Fakten. Warum haben Stadtführungen so ein schlechtes Image? Gibt es so viele schlechte Guides oder haben die Gäste einfach irgendwann mal eine schlechte Erfahrung gemacht, die sich so stark eingeprägt hat?
In meinem Vortrag ging ich zuerst auf die Theorie hinter den Bedürfnissen von Gästen ein. Der amerikanische Psychologe Abraham Maslow hat eine Bedürfnispyramide entwickelt. Auch wenn diese in Teilen überholt und erweitert worden ist und es in der Psychologie mittlerweile auch andere Ansätze, wie z.B. von Reinhard Schober gibt, erklärt die Bedürfnispyramide immer noch am Besten, mit welchen Bedürfnissen wir in einer Führung zu tun haben.
Es müssen zuerst die physiologischen Grundbedürfnisse (Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Stehen, Sitzen, Toilettendrang) und das Sicherheitsbedürfnis (Orientierung, ) bedient werden, bevor man sich um die sozialen und individuellen Bedürfnisse und v.a. die Selbstverwirklichung kümmert. Dabei sind die Bedürfnisse in verschiedenen Altersstufen unterschiedlich stark ausgeprägt. Bei Kindern und Senioren muss man sich mehr um die Grundbedürfnisse kümmern, bei Teenagern mehr um die sozialen Bedürfnisse, etc.
Was Guides am liebsten Bedienen sind die Individuellen Bedürfnisse und wenn es eine wirkliche Erlebnisführung auf Augenhöhe mit dem Gast ist und Diskussions- und Veränderungsprozesse angestoßen werden, auch die Selbstverwirklichung.
Neben den Bedürfnissen spielen auch die Wahrnehmungstypen (visuell, auditiv, kinesthätisch, olfaktorisch und gustatorisch) eine Rollen. Hier sind wir Menschen unterschiedlich stark geprägt und wiederum Kinder mehr im Kinesthätischen, die ihre Energie z.B. erst loswerden müssen, bevor sie in einem Museum still sitzen können, um sich ein Kunstwerk anzuschauen. Daher baue ich in meine Kinderführung in der Firma StadtLux – Erlebnisführungen immer wieder Energiespiele in Führungen ein, wo Kinder Treppenstufen hoch oder runter laufen dürfen, diese dabei zählen müssen und auf lustige und spielerische Art wieder in einen Ausgleich kommen, um uns dann um Wissensthemen zu kümmern.
Im zweiten Teil des Vortrages ging es neben den Spezialbedürfnissen von Kinder-, Teenager-, Senioren-Gruppen auch um religiöse- und politische Gruppen. Von vielen Agenturen (v.a. Flußkreuzfahrtschiffen) erhalten wir die Vorgabe nicht über Politik und Religion mit den Gästen zu sprechen. Doch sind es genau diese Themen, die ausländische Gäste interessieren, v.a. im Vergleich zu ihrer Heimat. Wie gehe ich mit solch sensiblen Themen um? Wie führe ich eine Gruppe eines AFD-Abgeordneten durch den Bundestag?
Zum Abschluss des Vortrags ging es um Menschen mit Beeinträchtigungen. Auf Grundlage der Theorie konnten wir gemeinsam eruieren, wie Führungen für Personen mit Seh- oder Hörschwäche auch für diese eine Erlebnis werden können. Für Guides, die Gruppen mit geistigbeeinträchtige Menschen führen und sich in diesem Bereich weiterbilden wollen, bietet die Federation of European Guides eine Ausbildung zum T-Guide an.
Zusammenfassend kann man sagen, dass jeder einzelne Gast besondere Bedürfnisse hat, auf die man möglichst individuell eingehen sollte. Daher ist der Beruf des Gästeführers / Fremdenführers so herausfordernd, braucht eine gute Vorbereitung und für diese umfassende Betreuung ein entsprechendes Honorar. Denn die Bedürfnisse der Guides sind ebenfalls zu berücksichtigen und kommen in diesem Punkt oft zu kurz.
Der Beitrag Was steht im Fokus von Führungen – Das Wissen, das Objekt, der Guide oder der Gast? erschien zuerst auf Sebastian Frankenberger.